Stubaitaler Höhenweg - Bericht von 2019
Planung und Vorbereitung
Unser Bergführer der ersten Etappe der “E5” hatte geäußert, der Stubaier Höhenweg sei mit dem E5 vergleichbar, nicht so überlaufen und somit empfehlenswert. Nach gründlichen Überlegungen fanden sich drei befreundete Wanderer zusammen, um diese Wanderwoche zu realisieren. Wir waren damals zwischen 65 und 70 Jahren alt und keine “Heurigen Hasen”. Wie würde sich unser Alter und die Höhenluft auf unsere Leistungsfähigkeit auswirken? Das Prospekt „Stubaitaler Höhenweg – Von Hütte zu Hütte“ sprach von „schwerer Bergweg” und führt ausschließlich durch alpines und hochalpines Gelände“. Und das hatten wir alle überlesen und uns auf den Level der E5 eingestellt.
Anreise und Aufstieg zur Starkenburger Hütte:
So fuhren wir drei am 2. August ohne größere Stauprobleme in 8 Stunden bis ins österreichige Neustift und nächtigten im einfachen Landgasthof im Ortsteil Schaller. Das Wetter war gut, so auch das Essen und die Nacht vor dem Aufstieg. Der nächste Tag sollte uns zur Starkenburger Hütte auf 2237 mNN bringen, wir hatten den Fußweg gewählt, gut zur Akklimatisierung. Da es etwas feucht wurde, wählten wir den Forstweg bis kurz vor der Hütte und verzichteten auf die nassen und teilweise auch steilen Graswege. Dabei durchquerten wir einen 660 Meter langen Tunnel und kamen zuerst zu den Kartnallhöfen auf 1275 m. Auf 1890 m Seehöhe machten wir die erste Rast und aßen ein Süppchen in der Kaserstattalm. Die Sonne kam hervor und wir stiegen am Ende das Steilstück direkt zur Starkenburger hinauf. Nach 6:15 Stunden hatten wir den Aufstieg geschafft. Wir hatten an diesem Tag auch schon Abschnitte, wo wir mit Regenschirm gegangen sind, unter der Regenbekleidung hätten wir wohl mehr geschwitzt als vom Regen angefeuchtet zu werden. Einer von uns ging konsequent mit Wanderstöcken, der andere trug sie die ganze Woche in der Hand und wollte sie nur nutzten, falls notwendig. Ich ging ohne und wollte mein Gleichgewichtsgefühl nicht belasten. Hier oben hatten wir endlich fast freien Blick auf die 3000er von Habicht und Feuerstein sowie den imposanten Elfer mit 2505 mNN und die Tafeln der „Seven Summits“. Sogar unser Auto beim Schallerhof konnte man noch sehen.
Von der Starkenburger Hütte zur Franz-Senn-Hütte
Am Sonntag startetetn wir bei bestem Wetter, wie an den folgenden Tagen auch, gegen 7:30 Uhr. Ich hatte weder den 2611 m hohen Burgstall noch das Seejöchel bestiegen und wir wollten den ersten Tag zwar die große Tour gehen, aber uns auch nicht übernehmen. Als wir dann an der Weggabelung zum Gamskogel standen und ich feststellte, doch nicht gefordert zu sein, ließen mich die beiden zur Besteigung des Gamskogels gehen und liefen weiter auf dem Hauptweg. Hier begann der Weg für alle alpin zu werden. Ich war nach 20 Minuten auf 2659 mNN, trug mich als Tageserster ins Gipfelbuch ein und stürmte wieder hinab. Erst später stellte sich heraus, dass ich den Gipfel hätte auch als Überquerung nutzen könnte. Der alpine Tag sollte 16,7 km lang werden, davon 1,4 km für den Gamskogel. Bald holte ich die Mitwanderer ein, sie hatten eine größere Pause eingelegt und gingen mit mir weiter. Unterwegs gab es viele Blumen zu bestaunen, u.a. auch Arnika, und das in dieser Höhe vor der Kulisse der 3000er. Wir warteten sehnsüchtig auf die Sedugger Alm. Sie kam aber wesentlich später als wir gedacht hatten und so rasteten wir dort nicht. Es ging sofort weiter, der Franz-Senn-Hütte auf 2147 mNN entgegen. Dort gab es nur schwachen Handyempfang, also war kein Foto an die Daheimgebliebenen möglich. Die veranschlagten 7 Stunden schafften wir natürlich nicht, es wurden 8:30 Stunden. Wir gerieten an Leistungsgrenzen und fühlten uns auch ziemlich kaputt. Essen und Unterkunft waren sehr gut und angenehm, bestens geeignet um Kräfte zu sammeln.
Von der Franz-Senn-Hütte zur Regensburger Hütte
Für den Montag wurde eine Wetteränderung gemeldet, 0,2 Liter Regen und Gewitterrisiko bei 25%. Auch der Weg sollte deutlich schwieriger werden. Es ist schon ein anderes Gefühl, wenn man mit Stöcken auch bergab laufen und sich ständig nach Stützpunkten für die Stöcke umsehen muss, da geht es halt so nicht schneller, aber sicherer. So stehen heute nur 4 Stunden im Plan, da können wir uns erholen.Die Wege sind nicht mit der E5 zu vergleichen. Hier geht es zu 70% auf unwegsamen Pfaden durchs Gelände, sehr anstrengend für Knie und Oberschenkel. Aber wir haben ja nicht den Teil „Alpin“ gelesen! Der Weg zur Regensburger Hütte auf 2286 mNN war kräfteschonend, trocken und aussichtenreich. Trotzdem war der Aufstieg zum Schrimmennieder mit 2714 mNN eine Herausforderung. Oben angekommen wartete am Grat eine große Schneewächte, die entweder kühn übersprungen werden sollte oder sicherer zu umklettern war. Bis auf den Stockeinsatz hatten wir kaum Probleme, die Zeiten wurden allerdings nicht ganz erreicht. Mehrere Bergseen verführten zu Fotopausen. Aus den 4 Stunden wurden mit Pausen 6:30 Stunden in aller Ruhe und Entspannung. Vor der Hütte wartete ein Wasserfall auf uns, der auch die ganze Nacht zu hören war. Wieder eine tolle Hütte mit gutem Essen und einer ruhigen Nacht. Einer schnarchte gelegentlich und muss jede Nacht auf die Toilette. Ein anderer sägt die ganze Nacht und will nicht geschlafen haben. Wir hatten ein 3-Bettzimmer das noch nach frischem Holz duftete.
Von der Regensburger Hütte zur Dresdner Hütte:
Am Dienstag sind wir noch bei schönem Wetter gestartet. Nach einer Stunde wurden die Wolken dichter und beim Verlassen des Almenbodens wurde es feucht und neblig. Den Falbersoner See konnten wird nicht mehr sehen. Dann kam ein langer und immer steiler werdender Anstieg durch Geröll und große Blöcke neben einem Schneefeld, einer Gletscherzunge. Dann folgte die Überquerung dieses Schneefeldes, 30 Meter ohne Sicherung, Vorsicht war geboten. Es wurde kälter, neblig und feuchter. Ich nahm den Schirm zusätzlich zur Regenjacke. Das war hinderlich, aber ich blieb fast trocken. Nach dem Sattel, dem 2881 mNN hohen Grabagrubennieder, gab es wieder Regen und Nebel. Danach gab es einen Abstieg im Schlamm. Ich bin 2mal leicht gestürzt. Nichts passiert, aber nicht ganz ungefährlich. Nach 6 Stunden kam die Sonne hervor und wir rasteten an einem kleinen See unterhalb des Mutterberger Sees mit Blick auf das 3507 mNN hohe Zuckerhütl. Hier wurden die nassen Sachen gewechselt und es folgte der Abstieg bis ins Tal „Wilde Grube“ mit Wasserfall. Danach folgten wir teilweise dem schlecht ausgeschilderten Bergsteig und der Versorgungspiste hoch gen Dresdner Hütte. Aber kein Schild stand oben, das uns zur Dresdner Hütte führte. Stattdessen gab es einen Rundweg „Dresdner Hütte“. Wir entschieden uns, rechts herum zu gehen. Wieder bergab und neben der Mittelstation der Gondelbahn stand endlich die Hütte auf 2308 mNN vor uns. In den letzten 2 Stunden hatten wir 200% der Zeit gebraucht. Für die veranschlagten 7 Stunden brauchten wir 9:55 Stunden. Problematisch war die Benutzung der Wanderstöcke. Sinnvoll wäre, entsprechend der Einsatzmöglichkeit sie entweder einzusetzen oder sie am Rucksack zu befestigen. Aber dieses ständige Wechseln wäre auch nervig. Am Abend schlugen wir vor, die nächste große Etappe doch zu trennen und die letzte Etappe wegzulassen. Wir sind dann 20 Uhr in die Betten gefallen. Da WLAN verfügbar war, hatte ich noch mit der „Welt“ korrespondiert.
Von der Dresdner Hütte zur Sulzenauer Hütte:
Am Mittwoch war das Wetter wieder TOP. Wir erreichten die Sulzenauer Hütte auf 2196 mNN, ich über den „Trögler“ mit 2902 mNN, die anderen über das Peiljoch. Dazwischen gab es immer tolle Ausblicke auf den großen Gletscher, den Gletschersee und die kleinen Bergseen. Ich hatte es gerade noch trocken auf den Gipfel geschafft, dann tröpfelte es, aber nicht lange und auch nicht viel. Dafür war der Abstieg ein Wechsel zwischen freiem Klettern und Hangeln an Drahtseilen. Bei Regen möchte ich hier nicht absteigen! Aber auch die Normalroute war nicht „ohne“. Beide Touren hatten sehr schöne Aus-blicke, wenn auch nicht die gleichen. Als wir in der Hütte waren fiel der erste kräftige Schauer, 3 Minuten lang. Das wiederholte sich immer öfter und immer länger und intensiver. Seit 13 Uhr regnet es und wir saßen im Matratzenlager dieser kleinen Hütte. An ein Weiterwandern wäre nicht zu denken gewesen, wie wir das ursprünglich geplant hatten. Für vorgenannte 3 Stunden benötigten wir 4.
Von der Sulzenauer Hütte zur Nürnberger Hütte:
Am Donnerstag stiegen wir gemeinsam bis zum „Paradies“ auf. Dort ging unser Alterspräsident mit den vielen anderen Wanderern direkt zur Nürnberger Hütte auf 2297 mNN. Wir zwei ich stiegen über das Seejöchl auf und dann wieder alpin an Seilen ab. Dabei waren mehrere Schneefelder zu sehen und Seen, die man nur von oben sehen kann. Hier entlang ging auch die Route zur Gamsspitze, einer kaum wahrnehmbaren Spitze und zum Hohen Freiger, 3418 mNN. Der Freiger See war nur von hier oben zu sehen. Als wir die Hütte nach 4:15 Stunden erreichten, waren wir wieder komplett. Auch die andere Variante hatte einen schweren Abstieg an Seilen. Wir hatten ein junges Paar aus Bremen schon in der Starkenburger Hütte kennengelernt (gemeinsames Bettenlager) und redeten viel mit ihnen. Sie bewunderten uns, was wir uns in diesem Alter noch zumuteten… Obwohl wir nur 45 Minuten Verspätung hatten, war es eine Bestätigungen, es mit den Einzelstrecken richtig gemacht zu haben. Da wird die Übernachtung erst vor 2 Tagen gebucht hatten, nächtigten wir in einem 18-Matratzenlager. Von hier aus konnte man schon die höchste Stelle des folgenden Tages sehen, die Zollhütte.
Von der Nürnberger Hütte zur Bremer Hütte:
Am Freitag ging es zur Bremer Hütte auf 2413 mNN, der für uns höchstgelegenen Hütte, sogar mit kostenlosen WLAN. Eine Traumtour, aber anstrengend. Man musste viel klettern und sich am Seil festhalten, bergauf und bergab. Wir hatten wieder ein Schneefeld zu überqueren, zuvor und hinterher ging ich voraus in meinem eigenen Tempo und wartete an schwierigen Stellen. Heute gingen wir alle ohne Stöcke und da ging das Klettern gleich besser und schneller. Zur frühen Mittagszeit erreichten wir die „Zollhütte“ am Simmingjöchl auf 2754 mNN, machten Rast und stiegen ab als die nächste Gruppe mit „unseren“ Bremern kam. Spät mittags erreichten wir die Bremer Hütte. Dort gab es einen Riesenkaiserschmarren, den habe ich allerdings nicht geschafft, die Bremer mussten die zweite Hälfte aufnaschen. Spät am Abend verabschiedeten wir uns, denn sie zogen am nächsten Tag zur Innsbrucker Hütte.
Abstieg von der Bremer Hütte und Heimreise:
Am Samstag sollte es schönes Wetter geben für die Spitzenetappe dieser Runde, die wir leider nicht mehr geschafft hatten. Allerdings zogen Wolken auf und verdeckten die Bergspitzen, es war keine Sicht mehr. So waren wir erleichtert, ins Tal absteigen zu müssen und nach 3:30 Stunden die Zivilisation an der Laponesealm auf 1472 mNN wieder zu erreichen. Von dort aus folgten wir einem Weg bis zum Gasthaus „Feuerstein“ auf 1281 mNN. Gleich daneben gibt es das Freiluftmuseum „Mühlendorf“, wir besuchten es aber nicht sondern gingen ein Bier trinken. Nach einer Stunde Wartezeit brachte uns der Bus aus dem Gschnitztal an die Eisenbahnlinie nach Italien. Von Steinach brachte uns der Zug ohne größere Wartezeit bis nach Innsbruck. 20 Minuten später saßen wir im Bus nach Neustift und fuhren bis zum Ortsteil Schaller.
Wir bezogen erneut die Zimmer mit Balkon, duschten und fuhren mit dem Auto ans Talende bis „Mutterbergalm“ auf 1725 mNN. Hier startet auch die Seilbahn zum Ferner über die Mittelstation an der Dresdner Hütte. Danach fuhren wir zurück, besuchten den Grawa-Wasserfall und weitere kleine Wasserfälle. Am Ende ging es zur Besichtigung des kleinen Ortes Neustift mit einer Riesenkirche.
Dann hieß es Abschied nehmen. Wir speisten noch einmal gut, tranken einen Marillenschnaps und gingen zu Bett. Der nächste Morgen war wolkenverhangen und wir fuhren in aller Ruhe, ohne die Autobahn in Österreich zu benutzen über Seefeld und den Walchensee nach Hause.
Ein schöner und anstrengender Urlaub ging zu Ende. Wir hatten zwischen einem und 3 kg abgenommen.
So werden wir noch oft über diese alpine Tour sprechen können, die uns doch viel abverlangt hat. Wir sind bei einer Streckenlänge von 75 Kilometern 5560 Meter aufwärts gestiegen und 4660 Meter abgestiegen. Dafür haben wir 49 Stunden im alpinen Gelände zugebracht. Das ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 1,53 km/Std. inklusive der Pausen.
Wunderschöne Berge, Almwiesen, Blumen, Tiere und Gletscher
Männerfreundschaft und Berge sind bleibende Erlebnisse.