Hohe Tatra - Bericht von 2012

Vorbereitung und Anreise

Dies war eine individuell geplante Tour, die wir selbst nicht durchorganisiert hatten. Nachahmer sollten “geübt”, dementsprechend ausgerüstet sein und Zeitpolster beachten. Nach vielen Wanderungen vor 1990 nahmen wir 2012 erneut die Hohe Tatra ins Visier. Über  das slowakischen Reisebüro RAJEC travel agency in Nam. sv. Egidia 95, 058 01 Poprad, Slovakia, www.rajectravel.sk bekamen wir eine optimale Wander- und Bergtourenkombination als „anspruchsvolle Durchquerung“ angeboten und nach unseren Wünschen zusammengestellt. Anspruchsvoll waren alle Touren, auch wenn einige Tage nur 4 Gehstunden enthielten. Diese Tage waren dann auch optimal in der Umsetzung und wir können dieses Reisebüro nur weiterempfehlen. Am 4. August reisten wir in knapp 12 Stunden in der „Pension Mon ami Stary Smokovec“ an. Wir, das waren 2 Frauen und 2 Männer im Alter zwischen 60 und 65 Jahren, die sich schon kannten.

Zum "Schlesier Haus"

Am Sonntag fuhren wir mit der Standseilbahn hinauf zum Hrebienok und wanderten entlang der „Magistrale“ zum Berghotel „Sliezsky dom/Schlesier Haus“ (1.670 m über NN). Auf dem Weg dahin erwischte uns ein Gewitter, das an diesem Tage mehrfach zurückkommen sollte. Nachdem wir eingecheckt hatten machten wir uns auf, unseren Weg zum „Polsky hreben“ und den Gipfel „Vychodna Vysoka“ (2.429 m) ein Stückchen abzugehen (Höhengewöhnung). Wir mussten aber am „Langen See“ abbrechen, denn das Gewitter zurück kam. Trotzdem war es ein schöner Anfangstag, 7 Wanderstunden mit dem Gipfel wären wohl zu strapaziös geworden… 

Vom "Schlesier Haus" zum "Popradske Pleso"

Der Montag brachte uns planmäßig zum Bergsee „Batizovské pleso“  und zum Berghotel „Popradske pleso“ in 1500 m über NN. Der „Batizovské pleso“ liegt am Fuße der Gerlachspitze, der höchsten Erhebung der Hohen Tatra, auch wenn man den Berg selbst von der Magistrale nicht sehen kann. Der Abstieg vom Sattel „Sedlo pod Ostrvou“, von 1966 m auf 1500m war schon etwas Anstrengenderes als am Vortag. Wir benötigten 50 Minuten. Der Aufstieg sollte 60 Minuten dauern, war aber für schnelle Leute gedacht. Wir beobachteten am Abend einen Läufer, der in weniger als einer Stunde zum Sattel hoch und wieder herunter joggte.  Am „Popper See“ wie er auch bezeichnet wurde, besuchten wir den „Symbolischen Friedhof“ und erkundeten den Aufstieg für den nächsten Tag. Hier im Berghotel hatten wir kein Personal, was etwas „Deutsch“ verstand und die Verständigung auf „Englisch“ war auch nicht gerade optimal. Wir konnten nur erahnen, was Bestandteil der Halbpension war und das setze sich auch beim Frühstück fort.   Das Essen selbst war in Ordnung. Unsere Zimmer waren nicht schön, mangelhaft gesäubert und die Dusche war nicht gerade einladend, akzeptabel wie auch in vielen Berghütten in den Alpen.

Vom "Popradske Pleso" zum Gipfel des Rysy

Am Dienstag stand die Besteigung „Rysy“-Gipfels (2.499 m) auf dem Programm. Unser „überschüssiges“ Gepäck deponierten wir in einem ungesicherten Depot im Keller des Berghotels. Vorbei an den Bergseen „Zabie plesá“ – Froschseen. erreichten wir eine Schwelle, deren schwierige    Abschnitte mit Ketten gesichert sind, unsere Kleinste hatte vorher starke Bedenken, meisterte die Ketten aber problemlos. So kamen wir zur höchstgelegenen Tatra-Hütte – „Chata pod Rysmi“ (2.250 m). Nach einer kleinen Erfrischung stieg unser Wanderfreund mit Herzschrittmacher von der weiteren Besteigung aus. Die anderen drei Bergsteiger, so kann man das sagen, erreichten den Gipfel des Rysy. Vom Rysysattel konnte man auf die Bergspitzen des Gerlach-Massivs sehen, die aus dem Nebel herausragten – dort wollte ich an nächsten Tag hinauf. Zurück ging es den gleichen Weg bis zur Haltestelle Popradske Pleso der Tatrabahn.  Hier holte uns der Fahrer Petr ab und brachte uns zum „Mon ami“. 

Besteigung der Gerlachspitze

Der Mittwoch trennte die Gruppe. Während die drei Wandersleute einen „Ruhetag“ einlegten, hatte ich mir einen Bergführer mieten lassen, der mich auf die Gerlachspitze bringen sollte. Ich stellte den Handywecker auf 4 Uhr, stand auf, machte ein kurzes Frühstück und saß 4:20 Uhr im PKW des Bergführers. Er fuhr zum Sammelpunkt und ein „Landrover, Dacia Duster“ brachte uns zum Schlesierhaus. Punkt 5 Uhr starteten wir, Bergführer und ich mit Helm und Klettergurt ausgerüstet. Es wurde schon hell und wir benötigten keine Stirnlampen. Schon bald erreichten wir die ersten Ketten, die aber nicht notwendig gewesen wären. Nach einem „Frühstück“ ging es dann über die „Velicka Proba“ bzw. „Große Probe“ an Ketten und Klammern bergan.  Schon bald standen wir nach mehreren Quergängen/Traversen und Klettereinlagen auf dem mit 2655 m hohen Gerlachovský štít. Nach einem kurzen Gipfelaufenthalt, Eintragung ins Gipfelbuch usw., stiegen wir durch eine „Rinne“ zur „Batizovksá próba“ ab. Sie ist im Abstieg ziemlich steil und hat sogar einen kleinen „Überhang“. Hier soll die Nationalparkverwaltung einige Drahtseile und Bügel entfernt haben, wegen anhaltend hoher Unfallzahlen. Wahrer Grund wird sein, dass sich durch das Entfernen der Drahtseile längere III-er Passagen ergeben, die die meisten Aspiranten abschrecken. Die Rinne ist nicht nur steil sondern auch tief, kein besonders gutes Gefühlt, wenn man selbst kein guter Kletterer ist – so wie ich. Eine Winterbesteigung bei Eis und Schnee ist schon etwas Anderes, Gelenkschonenderes. Einige „Reste“ habe ich selbst gesehen. Nicht zu verstehen ist, warum es immer wieder Bergsteiger gibt, die die Festlegungen in diesem Nationalpark umgehen. Ähnliches habe ich an der Rübezahlstiege in der sächsischen Schweiz erlebt, dort allerdings nicht am Einstieg sondern mitten im Aufstieg. Bevor wir wieder „festen“ Boden am „Batizovksá pleso“ unter uns hatten, seilte mich der Bergführer noch 20 m tief ab, ein immer wiederkehrender Adrenalinstoß. Wir kamen so zum See, machten eine kleine Pause und liefen dann zum Schlesierhaus zurück. 12 Uhr, also nach 7 Stunden war diese Tour beendet. Ich bezahlte die 12€ für die Transporte meiner Person mit dem „Landrover“ und 194€ für den Bergführer, fuhr zu Tale und war 30 Minuten später in der Pension. Duschen und einen Teil der Nachtruhe nachholen. Man darf das kleinste Hochgebirge der Welt nicht unterschätzen! Die Touren sind lang, die Wände sind steil! Der „Großglockner“ ist mir weniger schwer gefallen als der „Gerlach“. Das wird einerseits an der kompletten Tour im Fels gelegen haben, andererseits auch an der gelenkschonenderen Gangart im Schnee des Glockners. 

Runde von Strbske Pleso über den "Bystre Sedlo"

Am Donnerstag wäre mir ein Ruhetag bestimmt gut bekommen, aber ich hatte es nicht anders gewünscht… Petr fuhr uns samt Gepäck zum Hotel „Toliar“ in Strbske Pleso. Nachdem wir eine Stunde „gelb“ auf der Ostseite des „Solisko“ gewandert waren, kamen wir zum Wasserfall Skok – der Sprung und zu den ersten „niedlichen“ Ketten. Der Pfad steigt weiter über mehrere Felsenschwellen bis zum „Capie pleso“ – Rammsee. Das Denkmal, welches man hier nicht übersehen kann, erinnert auf den Hubschrauberunfall im Jahre 1997, bei welchem 7 Retter des Bergrettungsdienstes gestorben sind.  Der Sattel „Bystre sedlo“ ist der höchste Punkt der Wanderung. Der Übergang ist einbahnig in diese Richtung, wird aber infolge ähnlicher Ausschilderung aus dem Nachbartal auch benutzt. Dies ist wegen der Ketten nicht vorteilhaft, denn der Pass ist stark frequentiert. Es folgt der Abstieg, der auch nicht ganz einfach ist, ins „Furkotska dolina“.  –  wo man den oberen und unteren Wahlenberger See bewundern kann. Dieser Pass war wohl etwas anspruchsvoller als die Kettenpassage am Rysy. An diesen See vorbei kommt man zurück nach Strbske Pleso zurück. Man hätte die Möglichkeit zur Hütte „Pod Soliskom“ (blaue Markierung) aufzusteigen und von dort blau abzusteigen oder die Seilbahn zu benutzen. Wir liefen „gelb“ bis Strbske pleso. In diesem schönen Hotel mit ebenso guten Essen ruhten wir uns aus. 

Von Strbske Pleso zum Gipfel des Krivan

Der Freitag hatte den Krivan als Ziel. Nachdem wir den „Jamske Pleso“ erreicht, 2 Minuten zurück gelaufen waren, begann der Aufstieg zum Krivan. Aber auch uns sollte kein Gipfelglück vergönnt sein. Am Jamske Pleso waren wir noch guter Dinge, dann kamen die Wolken. Die Wolken wurden dichter und tiefer. Es wurde kälter und als wir uns warm angezogen hatten, sah man nichts mehr vom Gipfel. So trafen die Entscheidung, ohne Gipfel abzusteigen. Nach 30 Minuten Abstieg zogen die Wolken ab, der Krivan war frei. Aber wir verspürten keinen Drang, noch einmal umzukehren. Am „Partisanenbunker“ hatten wir endlich wieder Handyempfang. Ich bestellte Petr zum Parkplatz. Wir stiegen nach „Tri Studnicky“ ab und erreichten 5 Minuten südlich den Parkplatz, wo uns Petr abholte und ins Hotel brachte.

Von Strbske Pleso nach Zdiar und zur Grünseehütte

Nach einer weiteren Nacht im Hotel brachte uns am Samstag der Sohn von Petr und Jarka nach Ždiar auf 900 m. Durch das Monkova Tal stiegen wir in den Sattel Siroke sedlo (1.826 m). Hier sollte man unbedingt stehen bleiben, denn bei schönem Wetter bietet sich ein einzigartiger Blick auf die bewaldeten nördlichen Täler der Tatra und vor allem auf viele Gipfel. Wir aber stiegen im stärker werdenden Nieselregen über glitschigen Kalkstein auf und weichten langsam durch. Regensachen hatten wir nicht angezogen, denn dann wären wir durch den eigenen Schweiß von  innen auch so nass geworden. Weiter führte der Pfad mit einem mäßigen Abstieg in den Sattel „Kopske sedlo“ an den „Weißen Seen“. Nach einem nassen und fast zugewachsenen Abstieg mit hohen Gras und Latschenkiefern erreichten wir die Hütte am Grünen See, „Chata pri Zelenom plese“ auf 1.551 m. Nichts von den umliegenden hohen Bergen war zu erkennen, der Wasserfall war einmal zu sehen, dann verschwand er wieder in den Wolken. Wir vertrieben uns die Zeit mit Kartenspiel und hofften, unsere Sachen würden bis zum nächsten Tag trocknen. Dies sollte auch klappen, nur meine Wanderschuhe waren dann noch stark durchnässt. Unterkunft in einem zünftigen 6-Bettzimmer, wovon aber 2 Schlafstellen frei blieben und Essen war OK, eben Hüttencharakter.

Von der Grünseehütte zur Zamkovsky Hütte

Der Sonntagmorgen war trocken, aber der Nebel brachte uns dazu, die Route mehr ins Tal zu verlegen. Wir stiegen erst ab, dann wieder zum Skalnaté Pleso (1.751 m) auf. Hier endet die Talbahn bzw. beginnt die Gipfelbahn auf die Lomnitzer Spitze. Obwohl sich die Sicht sehr gebessert hatte, war es uns nicht vergönnt, die Lomnitzer Spitze zu Gesicht zu bekommen. So tranken wir Kaffe und stiegen zur „Zamkovskeho Hütte“ auf 1.426 m ab. Dort bezogen wir ein 4-Bettzimmer mit Balkon machten noch einen Erkundungsgang gen Teryhütte und kamen wieder einmal in einen Regenschauer hinein. In der Hütte trafen wir 4 Dresdner, ältere Bergsteiger, und 3 Österreicher mit Bergführer. Sie machten eine 5-Tages-Tour und wollten am nächsten Tag über den Sattel „Priečne sedlo“ (2.352 m) zur Räuberhütte. Einer der Dresdner spielte auf der Gitarre eines Tschechen, wir sangen und hatten eine gute Nacht.

Von der Zamkovsky Hütte zum Prinzensattel

Unser letzter Bergtag begann mit blauem Himmel und Sonnenschein. Wir stiegen ins Mala Studena dolina  auf bis zur Teryhütte, der höchsten Hütte der Hohen Tatra. Im Aufstieg zur Hütte an den  “Fünf Zipser Seen” hatten wir noch den kleinen Wasserfall zwischen dem kleinen und großen Hang “Svah” umstiegen. Ich allein erreichte das Nachbartal Velka Studena dolina, denn die anderen hatten sich entschlossen, den Prinzensattel (Priecne Sedlo) nicht zu durchsteigen. Wir hatten die „Dresdner“ an der Hütte überholt und so musste ich die Markierung zum Sattel selbst suchen. Entlang an vielen Ketten und Klammern kam ich nach 30 Minuten „Klettersteig“ oben an, aber nicht als erster. Der 69-jährige Österreicher sprang wie eine Gemse an mit vorbei – tolle Leistung, aber er machte das seit seiner Jugend. Diese Etappe erfordert ein wenig Erfahrungen mit Klettern in steilen Wänden. Die schwierigste Passage erfordert zwar Schwindelfreiheit, aber mehr dann Armkraft für 30 Minuten gelegentliches Festhalten am Seil. Letzteres könnte ein Problem werden… Auch der Abstieg war etwas beschwerlich und ich merkte, die vielen Tage ohne Pause in meinen Knochen. Nachdem ich 30 Minuten an der Räuberhütte Pause gemacht hatte, stieg ich ab. Gemeinsam gingen wir zur ältesten Berghütte der Tatra, der Rainerhütte. In wenigen Minuten erreichten wir den Hrebienok und fuhren zu Tale.

Nachbetrachtungen

Auch ältere Wanderer können im kleinsten Hochgebirge der Welt Gipfel besiegen, man muss nur trainiert sein und sich richtig einschätzen.
Wetterwendisch ist auch dieses Hochgebirge, man sollte immer wärmende Sachen im Rucksack haben, auch bei 30°C!
Bergfreunde teilen alles: Erfolge und schlechtes Wetter!